MoveNet24 * Publikationen : Spiraldynamik - Renate Lauper Bieli

Auch für Bewegungsprofis ist die Spiraldynamik anfänglich Neuland. Bewegung wird aus einem völlig neuen Blickwinkel betrachtet, angefangen immer beim eigenen Körper. Und wo der Laie staunt, da wundert sich der Fachmann - am meisten über sich selbst.


Renate	"Tänzerinnen und Tänzer wollen heute ihren Körper nicht mehr nur mechanisch und technisch schulen, beherrschen und beherrschen lassen und sich dabei selber übergehen. Sie wollen ihr Bewusstsein entwickeln, sich im Einklang mit ihrem Körper nach vorne bewegen und mit Empfindsamkeit und Sinnlichkeit ihre Körpersprache sprechen, um dann auch auf der Bühne die Verbindung ihrer Bewegungen mit dem Sein und Sinn wahrnehmen zu können. Um diese Sensibilität in der Tiefe, die Verbundenheit und die daraus entstehende Freiheit in der Bewegung entwickeln zu können, gilt es, Raum und Beweglichkeit im eigenen Körper wiederzuentdecken und wiederzufinden.
	Mit der Spiraldynamik lassen sich Bewegungen hervorragend analysieren und präzisieren, ein Tanztraining methodisch und didaktisch optimieren. Weit tiefer geht die Dimension der Körperarbeit. Hier ist eine Fundgrube angesiedelt, ein Reichtum an Impulsen für körperbewusstes Sein, für die Entwicklung einer tänzerischen Leichtigkeit und für eine Tanzkarriere, die geprägt ist von Bewusstsein, Reife und Integration.
	Aus meiner persönlichen Erfahrung kenne ich die Wirkung der Spiraldynamik im Zusammenhang mit Tanz. Am eindrücklichsten erlebte ich die Veränderungen einer Tänzerin zwischen zwei Bühnenproduktionen. Innerhalb relativ kurzer Zeit wurde die betreffende Tänzerin mit Hilfe der Spiraldynamik beweglicher, genauer und schneller und vor allem: Ihr Vertrauen in den Körper nahm ihr Angst und Druck vor den Auftritten; Freude konnte sich ausbreiten. Entsprechend sichtbar war diese neugewonnene Qualität auf der Bühne. Anstelle von Anspannung und Arbeit traten Ausdruck, Echtheit und Fluss".

	Szenenwechsel in die Physiotherapieschule
Lukas	"Der Grundausbildung zum Physiotherapeuten fehlt meines Erachtens ein zentrales Fachgebiet: die Koordination des menschlichen Bewegungsapparates. Ärzten wird Physiologie, das Funktionieren der inneren Organe gelehrt. Demnach müsste den Physiotherapeuten das Funktionieren des Bewegungsapparates als Hauptfach unterrichtet werden. Bereits der Physiotherapie-Praktikant soll eine fundierte Ahnung davon haben, wie der gesunde Mensch sich ökonomisch bewegen und trainieren kann. In praxisbezogenen Workshops soll der Schüler seine eigenen Haltungs- und Bewegungsmuster analysieren. Dabei wird er mit seinen persönlichen Wahrnehmungsschwierigkeiten und motorischen Defiziten konfrontiert - vergleichbar etwa mit der Psychoanalyse des Psychologiestudenten während des Studiums.
	Wissenschaft setzt keine Grenzen, lässt aber bereits vorhandene erkennen. In diesem Sinne zeigt uns das spiraldynamische Konzept die Begrenztheit einer linearen und zweidimensionalen Betrachtungsweise menschlicher Bewegung. Spiraldynamik als anatomisch begründetes Konzept dreidimensionaler Bewegungsabläufe vermag hier eine Lücke zu schliessen , ohne andere Konzepte zu ersetzen. Vielmehr vermag es andere Modelle und Methoden in sinnvolle Beziehung zueinander zu setzen. Stärken der Spiraldynamik sind Analyse und Korrektur struktueller und funktioneller Muster auf individueller Ebene. Als aktives Konzept arbeitet es stark über die Eigenwahrnehmung des Patienten.
	Spiraldynamik definiert als erstes wirklich dreidimensionales und systematisches Bewegungskonzept gesunde Haltung und Bewegungsabläufe. In Verbindung mit Grundlagenwissenschaften wie Physik und Trainingslehre könnte das Fach hervorragend besetzt werden.
	Spiraldynamik lässt sich spielerisch erlernen; der Unterricht kann im Turnsaal stattfinden. Theorie und Praxis gleichzeitig erleben, vermittelt direkt anwendbares Wissen. Spiraldynamik bietet sofort Hilfe zur Selbsthilfe, weil sie Koordination in Funktion der individuellen Anatomie beschreibt. Das Erlernen des Konzeptes führt über Analyse und Aufarbeiten der eigenen Schwachpunkte zum Verständnis dahinterstehender struktureller Gestaltungsprozesse. Die ehrliche und klar strukturierte Auseinandersetzung mit sich selbst kommt später den Patienten voll zugute."

Renate Lauper Bieli aus Zofingen ist Tanzpädagogin, Choreographin mit eigener Tanzkompanie und langjähriger Erfahrung sowohl auf als auch hinter der Bühne. Sie arbeitet seit Jahren mit der Spiraldynamik.
Lukas Böhni ist Physiotherapeut und hat seine Diplomarbeit dem Thema "Einführung in die Spiraldynamik" gewidmet.
Wenn Profis Spiraldynamik in ihren Beruf integrieren, zieht dies grundlegende neue Erfahrungen, Erkenntnisse und Veränderungen nach sich. Stellvertretend für die unterschiedlichsten Berufsgruppen schildern die beiden die neuen Dimensionen, die ihnen die Integration der spiraldynamischen Prinzipien beruflich und persönlich eröffnet: