Wer ist eigentlich
Christian Larsen ?

Er wusste schon mit drei
Jahren, was er werden
wollte: Arzt. Heute
weiss Dr. Christian
Larsen auch, warum er
es werden wollte. Das
Gespräch führte Benita
Cantieni, Journalistin,
Master Teacher im
Fitnessbereich und
begeisterte "Spiraldyna-
mikerin".

 
Christian Larsen, wer bist du ?
Vor allem bin ich ein Mensch, und Menschen sind meine Leidenschaft. Ich verstehe etwas vom menschlichen Körper und seiner Verbindung zur Psyche. Und ich werde angetrieben von meiner Neugierde, meinem Forschungsdrang.
Hat der Mensch Christian Larsen auch ein paar Koordinaten ?
Ah, natürlich, ich bin Jahrgang 1956, in Basel geboren und aufgewachsen, habe auch in Basel Medizin studiert. Anschliessend ging ich auf Weltreise, Japan, China, Alaska, Tibet, Indien, auf der Spur des Phänomens Leben, also auf der Spur von Gesundheit, Krankheit, Leben, Tod. Zurück in der Schweiz nahm ich eine Stelle als Assistenzarzt im Kinderspital der Universitätsklinik Bern an. Larsen - der Nachname ist eigentlich dänisch, mein Grossvater liess sich in der Schweiz nieder.
Irgendwo las ich, du hättest schon mit drei Jahren gewusst, du willst Arzt werden. Legende oder Wahrheit?
Ich kann mich selbst daran nicht mehr erinnern. Meine Eltern, eine durchaus zuverlässige Quelle, kolportieren die Geschichte. Ich weiss, dass ich als Sechsjähriger anderen Kindern sagte, ich werde Mediziner.
Also eine Berufung, ein Seelenbild, mit dem du auf die Welt kamst?
Ja, das Arztsein war immer Teil von mir. Ich habe mir nie einen anderen Beruf überlegt.
Hat dich am Arztsein immer Bewegung interessiert? Wie kam es zu dieser Spezialisierung?
Ich bin ein Bewegungsmensch, als Kind konnte ich nicht stillsitzen. Ausserdem bin ich gerne in der Natur, ich habe unendlich viel gelernt aus der Natur....
Von Wellen und Winden und Wettern...
Genau. Bewusst mit Bewegung und Koordination beschäftige ich mich seit 20 Jahren. Mich interessiert die Frage: Wie hat die Evolution den menschlichen Körper konzipiert?
Die Antworten der Schulanatomie reichten dir anscheinend nicht.
Nein, die Anatomie im Seziersaal interessierte mich nur bedingt, mich interessiert die dreidimensionale Anatomie am lebenden Menschen.
Da muss es irgendwo ein Schlüsselerlebnis gegeben haben?
Ja, in meiner Studentenzeit, da war ein fünfjähriges Kind im Spital, das mit einem missgebildeten Fuss auf die Welt gekommen war und nicht richtig gehen konnte. Ich wollte dieses Kind laufen lehren.
 War die Spiraldynamik da schon "geboren"? 
Nicht als Warenzeichen. Abder die Idee war da. Ich hatte kurze Zeit vorher Yolande Deswarte kennengelernt. Sie ist Physiotherapeutin, Jahrgang 1944, lebt in Paris und ist bis heute meine Partnerin in der Forschung.
 Ich vermute, der sprichwörtliche Zufall brachte euch zusammen? 
So ist es. Ich trainierte 15 Stunden Aikido pro Woche. Yolandes Mann ist Aikido-Lehrer. Heute ist er de höchstgraduierte Nicht-Japaner. Ich lernte ihn in Japan kennen. Ich wusste damals, Yolande setzt sich mit Bewegungskoordination auseinander. Aber wirklich - klick machte es erst ein Jahr später in Paris, da merkte ich, wieviel ich von Yolande über Bewegung lernen konnte und noch immer kann. Sie wurde meine Lehrmeisterin. Ich habe enorm viel von ihr gelernt. Später entstand die Forschungsgemeinschaft.
   
Christian
und
Yolande
 
 Forschungsgemeinschaft der Ebenbürtigen. In der landläufigen Hierarchie rangiert der Arzt aber doch höher als der Therapeut. 
 Was mir Yolande beibrachte, funktionierte. So einfach ist das. Das ist für mich das wichtigste Kriterium. Ich konnte Yolandes Grundsätze selber anwenden, es war nachvollziehbar. Es war auch logisch, deckte sich mit meinem anatomischen, biomechanischen und medizinischen Verständnis. 
  Wie arbeitet ihr zusammen, was ist deine Aufgabe im Team? 
  Yolande ist die Seele, die Mutter, ich bin der Visionär. Sie hat nebst ihrer physiotherapeutischen Kompetenz eine wunderbare Einfühlung, Intuition, Inspiration. Ich bin der Wissenschaftler, der Forscher, mich interessiert das Wie, die praktische Umsetzung. Wir treffen uns jeden Monat zweimal, und nach 15 Jahren ist die Zusammenarbeit so befruchtend und inspirierend wie am ersten Tag. 
Yolande
und
Christian
 
  Es ist selten, dass sich ein Lehrer-Schüler-Verhältnis in eine ebenbürtige Partnerschaft wandelt.  
  Ein Geschenk, ich weiss. Anfangs wollte ich Yolandes immenses Wissen bündeln und verbreiten. Jetzt geht die Arbeit einfach immer weiter. Wie ein Puzzle. Erst waren da nur ein paar Details, aus den Details wurde ein Bild, aus dem Bild wird ein ganzes. 
  Was unterscheidet die Spiraldynamik von anderen wissenschaftlichen Bewegungskonzepten?
  Die unmittelbare Umsetzbarkeit, die einfache Nachvollziehbarkeit. Die Spiraldynamik basiert auf einfachen Prinzipien der Symmetrie und der Bewegung, die sich in den Knochen, in den Bändern, in den Muskeln spiegeln. Ein praktisches Beispiel: In der Rückenschulung gilt heute allgemein die Regel, Drehbewegungen der Wirbelsäule seien schädlich, sie seien ein Mitgrund für die häufigen Bandscheibenschäden. Wenn man die bewegte Anatomie anschaut, sieht man ganz klar: Die Lendenwirbelsäule ist nicht zum Drehen gemacht. Sie muss stabilisiert werden. Die Brustwirbelsäule dagegen ist ausgesprochen gut fürs Drehen eingerichtet. Von dieser anatomischen Grundlage gehen Yolande und ich aus, daraus leiten wir Therapie und Training ab. 
  ... und mein verkrüppelter Rücken quietscht vor Vergnügen, wenn er aufgespannt und optimal gedehnt ausdrehen darf ! 
 Siehst du, das ist es doch, was zählt: es funktioniert. Bestimmt ist dir aufgefallen, wieviele Menschen einen unbeweglichen Brustkorb und eine unbewegliche Brustwirbelsäule haben. Sie versuchen das Manko zu kompensieren, indem sie die Lendenwirbelsäule zu drehen versuchen. Daraus resultieren vermehrt Abnützungen und Bandscheibenschäden. 
  Da kitzeln mich gleich zwei Fragen: Warum sagte mir das keiner der Ärzte, der sich mit meiner Wirbelsäule beschäftigt hat? Zweitens: Was läuft denn da evolutionär schief, dass man mir das sagen muss, warum macht es mein Körper nicht einfach von selbst richtig?.  
 Zum ersten Punkt: Forschung ist für die ganze Menschheit ein ständiger Fortschritt an Erkenntnis und Wissen. Bei aller Bescheidenheit: Yolande und ich haben auf dem Gebiet Gesamtkörperkoordination Neuland betreten. Es ist noch nicht lange her, da glaubten die Menschen, die Welt sei eine Scheibe. Und als einer kam und sagte, sie sei eine Kugel, wurde er dafür alles andere als geliebt. Das Bewusstsein muss bereit sein, eine solche Erkenntnis anzunehmen. Zum zweiten Punkt: Das ist der Gordische Knoten. Wann, warum verlieren wir die natürliche Koordination. Welchen Einfluss hat die Erziehung? Welchen Einfluss hat die Imitation? Welchen Einfluss haben Geist und Seele? Schau Kindern zu, mit welcher instinktiven Natürlichkeit sie sich ökonomisch bewegen! Das ist einfach ein unbewusstes Potential, eine natürliche Begabung. Die Herausforderung im Leben ist es wohl, dieses Potential als sogenannter erwachsener Mensch bewusst zu manifestieren. 
 Wie gross ist nach deiner Erfahrung der Einfluss der Psyche auf den Körper, die Haltung, die Koordination? 
 Gross. Ein Mensch verliert seinen Halt, und die Füsse beginnen sich anzukrallen. So bekommt er einen Hohlfuss. Der andere ist unter grossem Druck, seine Wirbelsäule gibt diesem Druck nach, verliert die Aufrichtung. Einem anderen wiederum lastet zuviel Gewicht auf den Schultern, sie lehnen sich dagegen auf und werden hochgezogen. Bei wieder jemand anderem ist Asthma oder ein Hautausschlag die Reaktion auf emotionalen Stress. Bitte versteh das ganz ohne Wertung, für jeden von uns stellt sich diese Herausforderung, wie gehe ich mit physikalischen und psychischen Belastungen in meinem Leben um. 
  Wie kann die Seele vom Körper leben? 
 Jede Wahrnehmungsschulung, egal ob auf körperlicher, geistiger, seelischer Ebene, bringt mich näher zu meinem Ursprung - und somit zum anderen Menschen. 
  Die grösste physikalische Belastung wäre wohl die Schwerkraft? 
 Richtig. Sie ist ein gutes Beispiel. Ich kann sie als tragendes Netz in der Raum-Zeit erfahren, als eine Kraft, die mich aufrecht hält, oder ich kann sie als Kraft erleben, die mich staucht, niederdrückt. Die Schwerkraft als Führung akzeptieren, das ist eine grosse und lohnende Herausforderung. 
  Wie erklärst du einem Laien die spiraldynamischen Prinzipien? 
 Über die Wahrnehmung. Damit ein Musiker gut spielen kann, muss ein Instrument gestimmt sein. Das ist mit dem menschlichen Körper genau so. Damit er sich gut bewegen kann, muss die Feinmechanik stimmen. Einen Bauarbeiter lasse ich spüren, wie sich seine Schulter anfühlt, wenn er die Schaufel unkoordiniert anhebt, und wie es koordiniert ist. Ich versuche, nachzuempfinden, was der andere in seinem Körper spürt und docke da an. Ich glaube, der erste Schritt ist, dass ein Mensch spürt, dass ich ihn akzeptiere und dass ich ihn gern habe, so wie er ist. Der zweite Schritt ist für ihn eine Erfahrung, die für ihn interessant ist. Nachher begleite ich den Patienten durch gezielte Instruktionen mit Worten und mit meinen Händen in eine Bewegung, die er noch nicht kennt. So realisiert er, aha, es gibt eine Alternative. Das ist wie Weichen stellen, denn wenn ich die Weichen immer nach links stelle, lande ich schliesslich auch links. 
  Ist, wer Heilung sucht, auch schon geheilt? 
  Wer zu mir kommt, ob als Patient oder Schüler, hat die Motivation, etwas über sich selbst zu erfahren. Es ist meine Aufgabe, jeden da abzuholen, wo er ist. Das zu spüren, das ist mein Einfühlungsvermögen. Ich sage ihm, was ich wahrnehme, was ich mir überlegt habe und welche Resultate ich bisher damit erreicht habe, ganz wissenschaftlich, dann liegt es am anderen, diese Teile für sich zusammenzusetzen. 
  Arbeitest du lieber mit Gesunden, zur Prävention, oder mit gesundheitlich Eingeschränkten oder mit Kindern? 
  Mit allen Menschen, die zur Veränderung bereit sind. Menschen, die für eine Entwicklung zu haben sind, machen die Arbeit fruchtbar und dankbar. Das ist jedesmal ein Geschenk für mich. Im Grunde genommen möchte ja jeder Mensch glücklich sein. 
  Entfernt sich jeder Mensch vom Ursprung weg, muss jeder "umkehren"? 
  Die Welle rollt ohne zu überlegen.... Der Mensch hingegen muss sich der Koordinationen seiner Bewegungen wohl überlegen. Beim Menschen ist viel, vielleicht sogar alles vorhanden, auf kreatürlicher Ebene, aber es ist nicht selbstverständlich, dass sich dieses Potential manifestiert. Spiraldynamik eröffnet mir eine völlig neue Dimension. Solange ich unterwegs bin, weiss ich überhaupt nicht, wo ich bin, gehe ich vorwärts oder rückwärts. Ich bin einfach eines Tages wieder am Ursprung. Deshalb rede ich mit meinen Patienten während der Therapie auch über irgend etwas anderes. So ist das Bewusstsein beschäftigt, ich kann in Kommunikation mit dem Unterbewusstsein treten. Wenn dann jemand aufsteht und sagt," ich fühle mich viel grösser, schlanker, aufgerichteter, zentrierter, offener, belastungsstabiler", dann lehrt ihn seine Erfahrung, wie durch eine Stunde Arbeit eine veränderte Wahrnehmung möglich wird. 
  Du sagst Arbeit, ich sage Spiel. 
  Spiel stimmt absolut, es betont das Kreative, Spielerische, und Arbeit stimmt für mich auch. Man darf sich nicht nach dem ersten Fehlschlag entmutigen lassen.  
  All das wissend, was du weisst, verkörperst du die perfekte Harmonie, die perfekte Koordination? 
  Die Frage kann ich mit einem klaren NEIN beantworten. Wie jeder Mensch habe ich meine Stärken und meine Schwächen. 
Stärke
Koordination meiner Hände und Füsse
Schwäche
Wirbelsäule, Hüftgelenke
  "aber man arbeitet daran " 
  Das alleine reicht nicht. Die Arbeit muss auch Wirkung haben. Im Vergleich ist meine Wirbelsäule heute viel beweglicher, als sie es mit 20 war. Die Weisheit besteht darin, mit immer weniger machen, immer mehr sein zu können. 
  Um im Tod aufrecht vor den Schöpfer zu treten? 
  Das wünsche ich mir, dass ich im Sterben nichts mehr mache, nichts mehr muss, sondern in Gelassenheit loslassen kann. 
  Wie hälst du dich bis dahin fit? 
  Ich integriere das Fitnesstraining in den Alltag, laufe Treppen, fahre Fahrrad, gehe gern in die Natur, Joggen, Schwimmen, Skifahren, Skitouren. 
    
 
Christian Larsen - Vita in Kurzform
 
jetzt
Leiter des medizinisch therapeutischen Instituts für Spiraldynamik® an der Privatklinik Bethanien in Zürich
Internationale Lehrtätigkeit auf dem Gebiete der anatomischen Bewegungskoordination. Zusammenarbeit mit Hochschulen, Berufsverbänden und Institutionen aus den Gebieten Medizin, Physiotherapie, Tanz- und Sportwissenschaften, Ballett, Sport und Yoga
Familiengemeinschaft mit Künstlerin, Zwillingstöchtern und Hundedame Gipsy
Wissenschaftlicher Beirat Thieme Verlag; Shape u.a.
Autor zahlreicher Fach- und Laienpublikationen
Autor des Lehr- und Kunstbuches " Die 12 Grade der Freiheit", erschienen 1995
Seit 1992 Deligierter des Verwaltungsrates der Spiraldynamik AG
Seit 1986 persönliche Fort- und Weiterbildung (Medizin, Bewegung, Psychologie)
1981 Mitbegründer des Spiraldynamik Forschungsteams
Früher
Assistenzarzt im Spital: Innere Medizin, Chirurgie und Pädiatrie; Praxisvertretungen
Simultanübersetzer englisch, deutsch und französisch
Studium der Akupunktur; einjähriger Studienaufenthalt in China und in Japan
Leitung eines Seminarzentrums für Erwachsenenbildung in Bern
Über 20 Jahre Aikidopraxis, 10 Jahre davon als Lehrer; Schwarzgurtträger
Ausgedehnte Studienreisen: Tibet, Indien, Neuseeland, Phillipinen, Hawai, Sahara
Überlebenstraining in Alaska, im Schwarzwald und im Transhimalaya
Berichterstattung und Diavorträge zu den einzelnen Reisen
Medizinstudium an der Universität in Basel, Staatsexamen 1984
und davor
NLP Ausbildung zum Practitioner; begeisteter Hobbyfotograf; Nachhilfeunterricht Mathematik und Französisch, Gitarre spielen; Japanisch lernen, Ausbildung in Shiatsu, Fechten, Reiten, Skifahren, Segeln, Judo, Fischen, Briefträger; Mitarbeit bei Hausrenovationen und in der Landwirtschaft; Hobbymechaniker, Matura; Progymnasium, Blockflöte; Primarschüler; Kind.